In Legend – Scattered Horizons Tour

In Legend

Im Rahmen der Scattered Horizons Mini-Tour traten am 16.05.2012 im Haus der Jugend in Neuss vier völlig verschiedene Metalbands auf: Elmsfire, Blessed By Rhenus, Siren’s Cry und In Legend. Doch eins hatten sie alle gemeinsam: Musikalische Raffinesse und die Leidenschaft für Metal in seinen abwechslungsreichsten Stilrichtungen.

Elmsfire

Elmsfire

Die Musiker von Elmsfire, dem Opener aus dem benachbarten Düsseldorf, hatten vor ihrem Auftritt sicher nicht damit gerechnet, dass sie als erste Band des Abends das Haus der Jugend schon zum Kochen bringen würden. Dabei verlief im Grunde (fast) alles wie immer – aber eben nur fast….

Wie schon vor einigen Tagen beim Mercenaries Metal Meeting 2012 in Datteln starteten Elmsfire mit Ahab und Eolian vom kürzlich durch Massacre Records wiederveröffentlichten Album Thieves Of The Sun und Gitarrist Germano Sanna bewies erneut von Beginn an sein Können als Animateur, lief er doch wie bei den vorherigen Auftritten von Elmsfire quer durch den Saal, um jeden Fan einzeln zum Abgehen anzustacheln.  Soweit also alles beim Alten, wäre da nicht der Gastsänger gewesen, den vermutlich so ziemlich jeder im Saal kannte: Ross von Van Canto.

Trotz einer üblen Kopfverletzung, die sich Ross vor nicht einmal einer Woche beim Headbangen in einer Disco zugezogen hatte, stand er nur einen Tag später mit Elmsfire im Proberaum, um die Songs für den Gig in Neuss einzustudieren. Allerdings musste Ross sich die Stücke im Prinzip nur wieder ins Gedächtnis rufen, schließlich war er es, der auf der oben bereits erwähnten CD damals den Gesang übernommen hatte.

Ross als Gastsänger dabei zu haben erwies sich jedenfalls als Glücksgriff für die Band, obgleich sie – wie z.B. in diesem Interview deutlich wird – Wert darauf legt, nicht einzig und allein auf Ross reduziert zu werden, da er Elmsfire “nur” als Aushilfe für die Studioaufnahmen unter die Arme gegriffen hat.

Dennoch spielte der Umstand, dass so ziemlich jeder In Legend-Fan gleichzeitig auch Anhänger von Van Canto ist, der Band natürlich in die Arme, wobei ich davon ausgehe, dass Elmsfire den Laden auch ohne “Promibonus” gehörig gerockt hätten, aber ein so energiegeladener Gastauftritt wie von Ross stellte natürlich das sprichwörtliche Tüpfelchen auf dem i dar.

So kam es dann auch, dass die (In Legend– / Van Canto-)Fans nach dem ersten Song direkt die ersten “Rakkatakka”-Rufe ertönen ließen, worauf Ross sogleich Einspruch erhob: “Hey, das sind Elmsfire und nicht Van Canto!”

ElmsfireNachdem dies geklärt war, verkündete Sänger Erdmann: “Wir beginnen leise und klassisch” und während die ersten Sekunden von Stormchild gespielt wurden, begann ein Großteil des Publikums zu klatschen, ehe der Song an Fahrt aufnahm und im Anschluss direkt in Taipouri Ake Tonu Atu überging. Wo allerdings viele Fans von In Legend bzw.Van Canto schon einmal anwesend waren, konnte es aber auch nicht schaden, etwas Werbung für die aktuelle CD zu machen: “Wer Ross gerne auch mal singen hört, kann gerne unser Album kaufen.”

Mit Thieves Of The Sun, dem älteren Song … and Luna zum Moshen und Worth A Tale endete der rund 50minütge Auftritt von Elmsfire schließlich auch schon wieder und Fans sowie die Band gleichermaßen waren hellauf begeistert angesichts dieser Metalsause.

Blessed By Rhenus aus Düsseldorf und Duisburg war mir bis dato völlig unbekannt gewesen – leider! Denn was die Jungs um Fronter Carsten vom Stapel ließen, ging runter wie Butter, auch wenn beim Soundcheck nicht alles wie geschmiert lief.

Blessed By Rhenus

Während der Soundcheck sich etwas in die Länge zog, flüchteten sich einige Besucher an die frische Luft, so dass Blessed By Rhenus zu Beginn ihres Auftritts dann auch einen kleinen Besucherschwund verkraften mussten. Dabei zeigte der erste Song Alloy direkt wo der Hammer hing: Carsten kombinierte im schnellen Wechsel gefühlvollen cleanen Gesang mit kräftigen Shouts, das Ganze untermalt mit schneller, progressiver Instrumentalisierung.

Blessed By RhenusNach dem ersten Song wollte Carsten die Band vorstellen und begann mit den Worten “Wir sind…”, zeigte auf den Backdrop der Bühne und ergänzte: “Ach, wir haben ja gar kein Banner!” Da die Band durch den langen Soundcheck etwas in Verzug geraten war, ging es auch direkt mit Machine, dem nächsten Kracher, weiter. Bei diesem Song offenbarte sich, dass zumindest einige der Anwesenden die Band mindestens schon ein Mal live gesehen hatten, da etliche Fans ohne vorherige Aufforderung im Refrain laut “Machine” gröhlten.

Holy begann daraufhin recht gemächlich, gewann dann immer mehr an Tempo, ehe es mit einer ruhigen Zwischenpassage mit viel Keyboardgeklimper abgerundet wurde und schließlich mit einigen Shouts endete – so klingt moderner Metal, Leute! Auch Doro und Natan von Elmsfire gefiel der Auftritt der Bandkollegen augenscheinlich sehr gut, headbangten sie doch fleißig in der ersten Reihe.

Beim letzten Song Follow The Enemy gingen die Hände reihenweise zum Klatschen in die Luft, ehe der Gig leider viel zu schnell endete, da einige Songs von der Setlist gestrichen werden mussten. Sänger Carsten erklärte: “Wir müssen die Bühne räumen. Hoffe, wir bringen nicht alle in Verzug, wenn ja, tut es uns Leid!” Kurz vor Ende des Songs stellte er noch in einem Affenzahn die Bandmitglieder vor, ehe die Lichter gegen 22 Uhr ausgingen.

Da Carsten im Eifer des Gefechts vergessen hatte, Werbung für die neue EP zu machen, griff er sich noch schnell das Mikro, jedoch war bereits der Saft zum Umbau abgedreht worden, weshalb er einfach in die Runde brüllte, dass es die neue selbstbetitelte EP für einen schlappen Fünfer zu kaufen gäbe.

Siren’s Cry

Die Symphonic/Progressive Metal Band Siren’s Cry aus Wien betrat 20 Minuten später nach einem Intro die Bühne und startete  – passend zum Namen der Tour –  die Vorstellung ihres ersten Longplayers Scattered Horizons mit S3V3N, dem Opener vom soeben erwähnten aktuellen Album und der momentanen Single Oratory & Sins, die mit einem packenden Refrain punkten konnte.

Siren’s CryLeider war die Stimme von Frontfrau Katie bei den ersten Songs etwas zu leise abgemischt und auch das Publikum zeigte sich eher verhalten. Logisch, dass Katie da nachhakte: “Wir kommen aus dem Schluchtenscheißertal, weil wir gehört haben, dass man hier gut Party machen kann!” Eigentlich kann man diese Aussage auch blindlings unterstreichen, nur die Fans wollten noch nicht so richtig bzw. nicht mehr so richtig – entweder waren sie zu geschlaucht von den zwei Vorbands oder es lag an der äußerst stickigen Luft – oder vermutlich eher an beidem.

Aber Katie und die übrigen Bandmitglieder versuchten weiter das Publikum mit ausgelassener Performance aus der “Schockstarre” zu wecken und langsam aber sicher schmolz das Eis zwischen Band und Publikum. Mit Draconian Spectrum, der ersten Demo, die Siren’s Cry 2009 rausgebracht haben, folgte zunächst ein Song zum Headbangen, ehe die Band einen kleinen Publikumsentscheid durchführte.

Die Besucher hatten die Wahl zwischen einer Ballade zum Ausruhen oder einem rockigen Stück. Das Publikum entschied sich für ein ruhigeres Stück, so dass Siren’s Cry die Ballade Cold Amber & Scalding Tears spielte, obgleich Katie augenblicklich einwandte, dass sie keine Liebesgeschichte thematisiere. Mit dem recht langen Stück A Controversial Mind ging es im Anschluss wieder etwas rockiger zu.

In der Ansage zu Serpents Of War, bereits der letzte gespielte Song von Siren’s Cry, kam die Band auf das kürzlich erschienene Diablo III zu sprechen. Auf die Frage, ob jemand das Spiel bereits gespielt habe, meldeten sich lediglich vier Personen. Katie schlussfolgerte elegant: “Dann die anderen nur nicht, weil ihr zu unserem Gig gekommen seid?”

Siren’s CryUnd unter etwas positiveren Rahmenbedingungen (ein paar mehr lebhaftere Fans, ein bisschen besser abgemischter Ton und ein wenig mehr Licht – die Band trat beinahe komplett im Dunkeln auf, was sich zumindest zum Fotografieren weniger eignete) wäre der Auftritt der Wiener sicherlich auch noch viel besser angekommen. Auch wenn die Besucher nicht so frenetisch abgingen wie zuvor beim Opener Elmsfire, so muss man dennoch festhalten, dass es den Meisten – mich eingeschlossen – doch sehr gut gefallen hatte, weshalb sich die Band auch gerne öfter in unsere Gefilde verirren kann.

In Legend

Schon lange vor dem Auftritt von In Legend um 23:30 Uhr wurde es deutlich enger vor der Bühne, es ertönten lautstarke “In Leggins”-Rufe und nach einem kurzen Soundcheck des Pianos forderten die wiedererwachten Feierwütigen bereits ironisch eine Zugabe.

In LegendMit Heya, Healer und Prestinate legten In Legend schließlich druckvoll los. Kraftvolle Keyboardsounds und treibende Drums – so und nicht anders muss ein Piano Metal Konzert klingen.

Vor Pandämonium merkte Sänger Basti an: “Es ist heiß wie in einem Dark Room!” Dabei war der Raum gerade mal zu etwas mehr als der Hälfte gefüllt, aber die Luft so schlecht, als wäre der Schuppen ausverkauft. Der Stimmung tat dies jedoch keinen Abbruch, im Gegenteil: Die ersten Reihen sangen sich in Ekstase. Als Basti nach dem Stück fragte, wer denn zum ersten Mal bei einem Auftritt von In Legend sei und sich erstaunlich viele Besucher meldeten, kommentierte er: “Mir kommt es vor, als hätte ich euch alle in meinem Wohnzimmer!”

Im Anschluss folgte ein Experiment der experimentierfreudigen Band: Ein Iron Maiden-Cover von Wasted Years – definitiv mal schön zu hören, was man mit einem Maiden-Song so alles anstellen kann!

Mit Me Against The Wall, der nur als Bonus-Track in der Itunes-Version des Albums zu finden ist, wurde es schließlich wieder schneller. Zuvor verteilte die Band jedoch ein paar Bier an die durstigen Fans, die auch – getreu des Mottos “reiche jemandem den kleinen Finger und er nimmt die ganze Hand” – sogleich mit dem Sprechchor “Bier her, Bier her oder ich fall um!” mehr forderten.

Nach einem Dank für den stetigen Support der Band folgten einige Anspielungen auf das denkwürdige Relegationsspiel zwischen Düsseldorf und Berlin. Zwar herrschte Uneinigkeit darüber, wer nun zu Recht auf- bzw. abgestiegen sei (klar, in Neuss dürften sicher viele Fortuna-Fans beheimatet sein, während Basti hingegen aus Berlin kommt), aber ungeachtet dessen spielten In Legend mit Hanging Matter – wie Basti verkündete – “einen Song über bengalische Feuer.”

In Legend

In LegendBei Stardust kam Katie von Siren’s Cry auf die Bühne, um den Part, den Inga von Van Canto auf der CD gesungen hatte, zu übernehmen, was ihr auch gut gelang. Nach dem Song erklärte Basti: “Wir haben ein kleines Zeitproblem”, weshalb auch vermutlich Universe von der Setlist gestrichen wurde.

In LegendDa das Konzert sich langsam dem Ende näherte, forderten die ersten Fans Vortex, worauf Basti antwortete: “Ja, am Ende!” Zunächst wurden also Soul Apart und Elekbö gespielt, bei dem noch einmal alle Hände in der Luft waren, ehe die reguläre Spielzeit von In Legend schließlich vorüber war.

In LegendDoch Basti hatte ja bereits angekündigt, dass Vortex am Ende gespielt werden würde, weshalb die Fans sogleich lautstark wissen ließen:  “Ohne Vortex gehen wir nicht nach Haus!” Klar, dass In Legend deshalb Vortex als Zugabe spielten und die Fans zu den Versen “Come on and join the game! We‘re up to go insane!” das Konzert in einem gemütlichen Circle pit ausklingen ließen.

Um 0:30 Uhr war dann allerdings auch Schluss – damit ging das Konzert doch deutlich länger als von mir erwartet, da das Haus der Jugend mitten in einem Wohngebiet liegt. Wer den guten Auftakt der Scattered Horizons Mini-Tour in Neuss verpasst hatte, hatte noch die Chance In Legend und Siren’s Cry mit wechselnden Vorbands in Köln bzw. Siegen (dort übrigens im Club Vortex und durch einen glücklichen Zufall auch mit Elmsfire) zu sehen.

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