Am 17.06.2011 kehrten die zwei Gothic Rock bzw. Gothic Metal Bands Temple Of Twilight und Leichenwetter im Eckhaus in Essen Kettwig ein. Anders als es die Bandnamen vermuten lassen würden, war die Stimmung jedoch alles andere als düster – düster war hingegen nur die mehr als spärliche Besucherzahl. Denn trotz des fairen Eintrittspreises von nur fünf Euro kamen gerade einmal zwei Dutzend Besucher ins Eckhaus gepilgert.
Das Hauptdiskussionsthema der anwesenden Fans vor Beginn der Auftritte war demnach ganz klar die Frage, warum so wenige Besucher gekommen waren. Die Männer von Temple Of Twilight, die die Bühne mit einer kleinen Verspätung um kurz nach 20 Uhr betraten, versprühten jedenfalls keine schlechte Laune sondern machten das Beste aus dem Abend. Es gab aber auch keinen Grund den Miesepeter zu spielen, schließlich hatte die Truppe aus Dortmund erst vorige Woche – nach längerer Bühnenabsitenz – einen Auftritt beim Wave-Gotik-Treffen in Leipzig absolviert.
Los ging es mit The Godforsaken Shore und On Your Knees. Schon bei den ersten beiden Liedern wurde mir schlagartig wieder bewusst, warum ich den Auftritt von Temple Of Twilight beim Essen Original 2008 in bester Erinnerung behalten hatte: Der Gesang des gebürtigen Engländers Andy ist einfach eine Wucht! Aber auch sonst war der Sound ziemlich gut. Trotz guter Abmischung konnte jedoch nicht viel Stimmung vor der Bühne entstehen – wie auch, wenn sich der Großteil der Besucher von der Mitte des Raumes bis zur Bar aufgestellt hatte.
Auch die folgenden Songs The Warriors Dream, True Faith, das geniale wenn auch traurige Lied Passion Of The Prodigal und Redemption konnten an dieser Situation nichts ändern. Allerdings muss man dazu sagen, dass die Band die Besucher auch nicht aufforderte, näher an die Bühne zu kommen. So genossen die Anwesenden das Konzert weiter aus sicherer Distanz.
Mit Defender und Blood Of The Blameless endete der Auftritt um kurz vor 21 Uhr dann auch schon wieder. Alle gespielten Songs stammten übrigens vom aktuellen Album Redemption aus dem Jahr 2008, wobei der zweite Song On Your Knees auch schon auf der 2006 erschienenen Scheibe All The Believers zu finden ist.
Eins noch: Nicht nur die Playlist stimmte mit der vom Wave-Gotik-Treffen überein, sondern Temple Of Twilight traten auch mit der gleichen Ersatzbesetzung wie in Leipzig auf. Für den momentan leeren Bassistenposten kehrte Chris, der aus beruflichen Gründen 2009 aus der Band ausgeschieden war, auf die Bühne zurück. Der gesundheitlich angeschlagene Stammgitarrist Dee wurde durch Uli vertreten. Davon merkte man jedoch gar nichts: Alles lief wie am Schnürchen und – ich kann mich nur wiederholen – es war wirklich eine Schande, dass so wenig los war.
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Auch Leichenwetter aus Iserlohn konnten nicht mehr Besucher in das Eckhaus locken und hatten es dementsprechend nicht leicht, für Stimmung zu sorgen: Immerhin, ein paar vereinzelte Besucher kamen näher an die Bühne heran, so dass sich die Band sicherlich nicht völlig allein im Raum gefühlt haben wird.
Bereits die ersten Lieder Letzte Worte, Verklärung und O Schweig machten deutlich, warum Leichenwetter sich dem Genre „Poetic Gothic“ verschrieben haben. So stammten die Texte der eben genannten Titel beispielsweise von den bekannten Dichtern und Denkern Annette von Droste-Hülshoff, Johann Gottfried von Herder und Clemens Brentano. In Kombination mit einer Mischung aus Neuer Deutscher Härte, Metal und Gothic Rock verleihen Leichenwetter den eher altmodischen Texten einen modernen Klang.
Im Anschluss kam ein romantisches Stück für die weiblichen Besucher: Schwanenlied. Nach Romanze zur Nacht folgte mit Im Nebel ein Lied, dass die Band den „abgeschobenen“ alten Menschen in den Altenheimen widmete.
Auch bei Leichenwetter passte der Sound. Schön schaurige Intros wie z.B. Glockenspiel wechselten sich mit düsteren Chorälen vom Band ab – so auch beim nächsten gespielten Lied Chor der Toten – dem ersten Höhepunkt des Abends. Man konnte sich förmlich ausmalen, wie gut dieses Lied die Massen in einem vollen Konzertsaal in Bewegung bringen kann.
Leichenwetter machten sich augenscheinlich ebenfalls wenig aus der geringen Besucherzahl (Sänger Numen dazu: „Wir sind hier, um gute Stimmung zu machen – sind wohl alle noch geschwächt vom Wave-Gotik-Treffen und den anderen Pfingstveranstaltungen“) und beliebten sogar zu Scherzen, was die Jungs nur umso sympathischer erschienen ließ.
So überbrückte Numen die Umbaupause nach Altes Lied mit einer Werbepause. Er bewarb die CDs der Band und machte darauf aufmerksam, dass er nach dem Konzert mit einem Bauchladen herumgehen würde, um die Silberlinge zu kredenzen. Er schloss mit den Worten „Und jetzt die Nachrichten“, um nach einer kurzen Pause zu ergänzen „Verdammt, ‚Jetzt das Wetter‘ wäre besser gewesen. Ich merk’s mir fürs nächste Mal. Das machen wir jetzt immer!“
Die eigentlichen Highlights standen als letztes aus dem Programm: Der Erlkönig von Johann Wolfgang von Goethe und – zu später Stunde noch einmal ein romantisches Lied – Sehnsucht von Friedrich Schiller. Besonders Sehnsucht hatte es mir angetan und vor allem die folgende Passage schwirrt immer noch in meinem Kopf herum:
„Du musst glauben, du musst wagen,
Denn die Götter leihn kein Pfand;
Nur ein Wunder kann dich tragen
In das schöne Wunderland.“
Den Abschluss fand das Konzert mit Herbstseele (gut zu dem alles andere als sommerlichen Wetter passend) und dem Falco-Cover Out Of The Dark als Zugabe.
Man kann nur hoffen, dass die Veranstalter von Kult on Tour auch weiterhin solch tolle Konzerte anbieten werden und dass diese dann auch wenigstens mit entsprechenden Besucherzahlen honoriert werden.
Auch auf kommende Konzerte im Eckhaus werde ich weiter ein Auge werfen, schließlich war nicht nur die Abmischung ziemlich gut für ein Jugendhaus, sondern auch die günstigen Getränkepreise konnten sich sehen lassen. Auf bald!
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