Evil Horde Metalfest 2012

Evil Horde Metalfest 2012

Das Evil Horde Metalfest ist schon lange kein Geheimtipp mehr. Ursprünglich lediglich als Party anlässlich des 30. Geburtstags von Jens Basten (Gitarrist von Night in Gales und Gloryful) gedacht, fand das Evil Horde Metalfest zum ersten Mal im Dezember 2007 im Oberhausener Druckluft statt.

Vor einem Jahr erfolgte schließlich der Wechsel in die traditionsreiche (und vor einigen Jahren schon beinahe als geschlossen geglaubten) Zeche Carl. Von nun an sollte das Evil Horde jährlich in jener Location stattfinden, in der Kreator und Sodom ehemals ihre ersten Shows absolvierten. Logisch also, dass neben bereits bekannteren Bands beim Evil Horde Metalfest stets auch viele Gruppen aus dem musikalischen Untergrund eine Chance bekommen sollten, vor einem größeren Publikum zu spielen, schließlich hält der Ruhrpott eine Fülle von Bands bereit – so auch beim diesjährigen nunmehr vierten Treff der bösen Horde.

Und im Vergleich zum Vorjahr konnten die Veranstalter rund um Martin, den Sänger von Harasai, noch einmal eine gehörige Ladung Metal drauflegen. Für schlappe 15 Euro bekamen die feierwütigen Fans am 12. Mai 2012 gleich 21 Bands verschiedenster Stilrichtungen zu hören.

Arms To Amen

Arms To AmenPünktlich um 13:45 Uhr legten auf der Metal for Metal Stage in der Turnhalle Arms To Amen aus dem beschaulichen Bad Laasphe los. Zwar standen die Männer um Frontmann Fredi (Gitarre und Gesang) etwas statisch auf der großen Bühne, der Sound war dafür erste Sahne.

Mit ihrer eigenwilligen Mischung aus Metal und Rock konnten Arms To Amen einen sehr guten Eindruck hinterlassen. Melodischer cleaner Gesang wechselte sich mit kräftigen Shouts ab und verlieh der Band das gewisse Etwas. Im Gepäck hatten Arms To Amen ihre frisch gepresste erste Demo Nova, von der auch der Großteil der gespielten Songs stammte.

Leider hatten sich noch nicht allzu viele Besucher im großen Saal eingefunden. Bei herrlichem Sonnenschein zogen es einige Besucher augenscheinlich vor, draußen auf dem Gelände der ehemaligen Zeche zu verweilen, verpassten dafür aber drinnen einen soliden Auftritt, der seinen Abschluss mit dem gelungenen Genesis-Cover Land Of Confusion fand. Mir sagten die noch weitgehend unbekannten Arms To Amen sehr zu, stachen sie doch direkt zwischen den meisten anderen, deutlich härteren Bands des Festivals hervor.

Abaddon

AbaddonZur gleichen Zeit ging es auf der kleineren Steel meets Core Stage im Lichthof einen Tick härter zu. Dort legte die sechsköpfige Symphonic Metal Formation Abaddon aus Wesel mit ihrem Song Shadowstalker einen fulminanten Auftakt hin. Harsche Growls von Darius trafen auf cleanen Gesang von Sängerin Diana und wurden mit harten Riffs, aber auch düsterern, orchestralen Arrangements untermalt – genial!

Obgleich die Band schon seit über 16 Jahren existiert, sieht es albumtechnisch noch etwas mau aus. 2003 erschien in Eigenregie das Album De Occulta Philosophia, von der damaligen Besetzung ist heute allerdings niemand mehr in der Band aktiv. Mit Dein Sancta Sanctorum fand sich immerhin ein altes Stück in der Setlist wieder. Im vergangenen Winter wurde außerdem die EP XVI aufgenommen, auf der sich nicht nur der Opener befindet, sondern auch die beiden im Anschluss gespielten Stücke Abaddon und Bale haben den Weg auf die aktuelle EP gefunden.

Dass die Band schon etliche Jahre existiert, merkte man vor allem auch an der Routiniertheit, die die Musiker von Abaddon an den Tag legten. Obgleich die kleine Bühne die Bewegungsfreiheit doch etwas begrenzte, performten die Bandmitglieder – insbesondere Shouter Darius – so gut es ging. Nebenbei bemerkt, hätten auch Abaddon durchaus ein größeres Publikum verdient (wie Sänger Darius verkündete, hatte er 27 Besucher gezählt), waren sie für mich doch gleich die erste richtig dicke Überraschung des Tages – Abend war es ja noch nicht.

Gewisse Vergleiche zu The Vision Bleak lassen sich ziehen, obgleich mir Abaddon aufgrund der Sängerin noch einen Hauch mehr zusagten – man darf gespannt sein, denn im nächsten Winter sind Aufnahmen zum zweiten Album geplant, auf dem auch das Stück One By One, das beim Evil Horde seine Live-Premiere feierte, zu finden sein wird. Diese Band sollte man definitiv im Auge behalten!

Crosshead

Crosshead

Im großen Saal legte derweil die Thrash Metal Formation Crosshead aus Krefeld schon beim Soundcheck gute Laune an den Tag. Sänger und Leadgitarrist Ralph war offensichtlich der Meinung, dass Bassist und Namensvetter Ralf zu lange brauchte, um sein Mikro einzusingen, da er das Publikum wissen ließ, „Der singt eh nur drei Mal! Im ganzen Set!“. und zur Veranschaulichung noch drei einfache Backgroundlaute ins Mikro raunte.

Mit etlichen Songs vom ersten und immer noch aktuellen Longplayer Evil In Return aus dem Jahr 2010 – etwa Manage My Anger und Fire In My Head, um nur zwei positiv hervorzuheben – überzeugten Crosshead auf ganzer Linie, was nicht zuletzt auch an der super Stimme von Frontmann Ralph gelegen haben dürfte. Anders als bei vielen anderen Thrash Metal Bands ging der Gesang nicht in bloßes Geschrei über, was mir besonders gut gefiel.

Auch wenn es im Saal immer noch nicht gerade voll war, versuchten Crosshead immerhin, das Publikum zu animieren – vor allem folgender Spruch sorgte für einige Schmunzler: „Du sieht doch aus, als ob du nen Einmann-Moshpit hinkriegst!“ Und immerhin: Eine Hand voll Metalheads ließ sich daraufhin zum ausgelassenen Moshen verleiten. Quasi als Dank verließ Ralf beim letzten Song die Bühne, um neben den Fans, die für Stimmung gesorgt hatten, ein Soli abzuliefern.

Asbestos In Osbestrics

Noch heftiger ging es währenddessen bei der lokalen Crustcore Band Asbestos In Osbestrics aus Essen Kray zu. Ein Song kürzer und härter als der nächste: We Hate You All, No Time, Shitbreak Legacy oder My Other Penis – bei dieser Truppe flogen einfach die sprichwörtlichen Fetzen.

Die Männer an den Seiten schüttelten die Köpfe in rasantem Tempo, während der Mann am Mikro seine Stimmbänder bis aufs äußerste strapazierte. Asbestos In Osbestrics fielen stilistisch deutlich aus dem Rahmen, dementsprechend gespalten waren auch die Reaktionen der Besucher: Nicht wenigen gefiel der chaotische Musikstil, während einige Besucher doch lieber schnell das Heil in der Flucht suchten.

Unchallenged Hate

Unchallenged HateNach einer Umbaupause flogen auch auf der Hauptbühne die Mähnen, denn die Grindcore Truppe Unchallenged Hate war nun an der Reihe.

Schon seit über 10 Jahren und auf nunmehr vier Alben, einer EP sowie einem Splitalbum malträtieren die Männer um Grunzer Tobias mit systemkritischen Songs die Ohren ihrer Zuschauer bzw. Zuhörer.

Mit dem neuen Album New Hate Order im Gepäck bedienten die Lokalgrinder die anwesenden Besucher und die Reaktionen waren durchweg positiv. Zwischen den Songs konnte man Rufe wie „Fuck Yeah!“ oder „Endlich mal richtige Musik“ vernehmen.

Egal ob bei Decay – nach eigener Aussage das schnellste Stück der Band – oder Rectal State, Sänger Tobias ließ, wenn er nicht gerade ins Mikro schrie, permanent wie ein Berserker die Haare kreisen, so dass man leicht den Eindruck gewinnen konnte, er würde über Nackenwirbel aus Stahl verfügen.

Positiv hervorzuheben ist an dieser Stelle auch der Song Black Water Rising über die gleichnamige Söldnerorganisation im Irakkrieg.

My Dominion

Wem Grindcore eher weniger zusagte, wurde vermutlich beim etwas gesitteteren, aber nicht minder aggressiveren, Melodic Death Metal von My Dominion glücklich.

Schon bei der Underground Winter Edition 2012 im Turock Ende Januar hatten My Dominion einen positiven Eindruck hinterlassen. Dieses Mal hatten sie auch wieder ihren zweiten Gitarristen sowie ein brandneues Banner mit dabei.

Weitere Sympathiepunkte ernteten die Essener, die nun auch schon seit immerhin rund acht Jahren die Szene unsicher machen, dabei jedoch bisher nur zwei Demos veröffentlichen konnten, mit dem Angebot, die neu aufgenommenen Songs – wie z.B. War Machine – jedem Interessenten gratis per Mail zuzuschicken.

Vor dem ebenfalls neuen Track Hide hielt Sänger Martin eine kurze Dankesrede und betonte, dass es wichtiger sei, sich ein Festivalshirt zu holen, als eins von der Band – getreu des Mottos „Support the Horde!“

Gloryful

GloryfulNach einer weiteren Umbaupause wurde es nach der Grindattacke auf die Hörmuscheln wieder etwas melodischer auf der Hauptbühne, denn die Gelsenkirchener Heavy Metal Band Gloryful enterte unter deutlichem Besucherzuwachs mit dem Opener und zugleich neuen Song Fist of Steel, der nebenbei bemerkt mit einem enorm einprägsamen Refrain ausgestattet ist, die Bretter.

Gloryful hatten allen Grund zur Freude, feierten sie doch ihr einjähriges Bühnenjubiläum. Genau vor einem Jahr standen die Jungs um Sänger Johnny la Bomba nämlich beim Evil Horde Metalfest 2011 zum ersten Mal auf der Bühne und – so der Kommentar von ihm – „wir sehen doch kein Jahr älter aus.“ Die Karriereleiter zeigt nach dem Auftritt als Vorband von Powerwolf im letzten Jahr sowie als Opener des Winternachtstraum Festival 2011 derweil weiter steil nach oben. Auch das Album, an dem die Truppe momentan werkelt, wird den Jungs von Gloryful sicher noch mal einen weiteren Bekanntheitsschub verpassen.

Nach Sedna’s Revenge von der gleichnamigen ersten EP schwelgte Johnny la Bomba als Überleitung zum neuen Song Far Beyond Time etwas in Erinnerungen. Er erinnerte sich an eine Zeit, in der er mit seinem Bandkollegen Shredmaster Jens Basten auf einer Metalbörse CDs für 50 Cent oder 1 Euro über den Tresen wandern sah. „Heute gibt’s die wieder für 15 Euro!“ Die Message dahinter war klar: Metal allgemein und auch der Underground ist so lebendig wie nie zuvor.

Mit dem ohnehin starken Song Death Of The First Earth und dem neuen Stück Heavy Metal – More Than Meets The Eye!, das das Zeug hat, zu der Gloryful-Hymne schlechtweg zu werden brachten die Jungs die Zeche langsam aber sicher zum kochen.

Johnny la Bomba bedankte sich im Anschluss bei den Fans und vor allem auch seiner Familie auf den Philippinen für die vielen Stimmen beim Voting für den Platz als Opener beim eben bereits angesprochenen Winternachtstraum Festival – letztere hatte nämlich 350 der 643 Stimmen beigesteuert. Daher widmeten Gloryful Warrior‘s Code, den nächsten gespielten Song, auch allen Philippinen., ehe der kurzweilige Auftritt mit Gloryful‘s Tale sein Ende fand.

Craving For Chaos

Craving For ChaosAuf der kleinen Bühne traten währenddessen Craving For Chaos auf, die den weiten Weg aus München angetreten hatten, um auf dem Evil Horde zu zocken. Leider warb der Auftritt von Gloryful einige Besucher ab, dabei machten die Münchener – mit zwei Damen an Gitarre und Bass – nicht nur optisch sondern auch musikalisch einiges her!

Craving For Chaos boten mitreißendem Melodic Death Metal mit ordentlichen Growls und genialen Riffs. Sänger Schlaum performte fleißig und gab stimmlich alles, während Leadgitarrist Jeremy sowie Gitarristin Monika die Haare kreisen ließen. Bassistin Steff stellte die drei mit ihrer Haarpracht, die sie gleichsam einem Feuerschweif durch die Luft wirbelte, jedoch etwas in den Schatten. Leider machte ihr Bass auf halber Strecke schlapp, wovon sie sich jedoch im restlichen Verlauf des Konzerts nichts anmerken ließ.

Ebenfalls eine Band, die man im Auge behalten sollte und die ruhig öfter im Ruhrgebiet spielen darf!

Kadavrik

Mit Death Metal ging es auch auf der großen Bühne in Form von Kadavrik weiter. Die Truppe aus Wesel war bereits im letzten Jahr auf dem Evil Horde zugegen und tourte unlängst mit dem diesjährigen Headliner Napalm Death durch die Nation – kein Wunder also, dass Kadavrik auch an diesem Abend einen mehr als soliden Gig ablieferten.

Der begann auch gleich mit einem kleinen Gastauftritt. Arne, seines Zeichens Basser von Harasai, unterstützte Kadavrik bei einem Song mit cleanem Gesang.

Kadavrik hatte als erste – und soweit ich mich erinnere auch einzige – Band des Tages einen Keyboarder im Gepäck, den man auch schön heraushören könnte. Schnelle, treibende, hauptsächlich neue Songs von N.O.A.H., dem erst kürzlich veröffentlichten dritten Album der Band – wie z.B Die Flut Sind Wir – überzeugten restlos. Als ältester Song – so die Aussage von Sänger Niklas – wurde Icecold Winter’s Grave gespielt. Auch der Mix aus Englischen und Deutschen Texten war eine willkommene Abwechslung.

KadavrikNachdem Backstagebetreuer Christian die Band mit mehr Bier versorgte, realisierte Fronter Niklas, dass die Band eigentlich viel eher Martin für das geile Festival danken sollte, der sich – so wörtlich – „die Seele aus dem Leib geflyert hat“. Da Martin allerdings alle Hände voll zu tun hatte, spielten Kadavrik nur für ihn den so betitelten Partysong Dead Body Testament.

Diaroe

Eine Party der anderen Sorte ging währenddessen bei den Essener Death-Grindern Diaroe ab. Hier steppte voller Fleischeslust der Mettigel, wenn man die Stimmung mal mit den Album- bzw. Liedtiteln der Band beschreiben will.

Für Songs wie Weil du ne Hure bist, Sexuelle Verwahrlosung oder Triple Anal Penetration, deren textliche Inhalte man zugegeben nicht allzu ernst nehmen sollte, war eine Truppe Holländer extra nach Essen gereist, um mit Diaroe gehörig – im wahrsten Sinne des Wortes – die Kacke zum Dampfen zu bringen.

Zur Krönung gab es als letzten Song – so die Worte von Gröhlkanone Christian – „für alle, die auf versaute Filme stehen“ – passend zur ehemaligen Nutzung der Lokalität als Zeche – die Fäkalschlacht am Darmschacht.

Eure Erben

Am frühen Abend sorgten schließlich die Essener Thrasher Eure Erben mit dem Opener Terror für Terror, von der aktuellen, gleichnamigen Scheibe, für eben solchen. Jetzt war Mattenkreisen angesagt. Doch damit nicht genug. Sänger Arnd fragte ins Publikum: „Wo sind die bösen Horden?“ und forderte einen Moshpit.

Eure ErbenDer Song Neues von Gestern passte mindestens genauso gut zum denkwürdigen Auftritt der ehemals unter dem Namen Darkness gefeierten Helden wie die folgende Aussage: „Wir sind in letzter Zeit viel umher gekommen. Aber es ist schön wieder daheim zu sein.“ Kein Wunder, schließlich war die Zeche damals quasi das Zentrum des Ruhrpott-Thrash. Logisch, dass da auch ein Song wie Staatsfeind, der sich schon auf dem ersten Darkness-Album aus dem Jahr 1987 befand, nicht fehlen durfte.

December FlowerVon December Flower aus Datteln habe ich nur einige Bilder gemacht, allerdings sonst nicht viel vom Auftritt mitbekommen, da ein hungriger Magen gestillt werden wollte.

Harasai

Nach den Helden von gestern folgten quasi die Helden von morgen: Die Essener Melodic Deather von Harasai hatten die Menge von Beginn an fest im Griff.

Nicht verwunderlich jedoch, angesichts der Spielfreude, die Harasai bei jedem Auftritt an den Tag legen. Mit dem neuen Song Resist To Rebuild, das – so der Kommentar von Sänger und Veranstalter Martin – „den Geist des Festivals widerspiegelt“ begannen Harasai ihr Set und die Fans unterstrichen diese Aussage, wie hätte es auch anders sein können, mit einem großen Moshpit.

HarasaiTrotz des starken Auftritts hatten Harasai auch eine negative Meldung zu verkünden. Für Gitarrist Dennis war das Evil Horde Metalfest der letzte Auftritt mit Harasai, da er die Band aufgrund musikalischer Differenzen verlassen wird. Gewissermaßen unpassend passend spielten Harasai zuvor A Constant Disbelief, bei dem auch der cleane Gesang von Arne sehr gut zur Geltung kam.

Außerdem tauchten vermehrt Stagediver auf. Logisch, dass Martin da meinte: „Ich würde sagen, Melodic Death ist wieder da!“ Dies trifft auch insofern zu, als dass die Jungs von Harasai in Kürze ihr neues Album, das vom Orden Ogan-Frontmann Seeb aufgenommen wurde, veröffentlichen werden.

Auf der kleineren Bühne verausgabten sich derweil Copykill, die Urgesteine des Ruhrpott Hardcore, was man vor allem an Sänger Sascha sehen konnte, der sich völlig außer Puste auf eine Box setzen musste, um wieder Luft zu bekommen. Eine – sinngemäß von mir wiedergegebene – Erklärung folgte zwischen den Songs: „Habe gestern wohl ein wenig zu viel getrunken. Und heute bin auch schon ganz gut dabei.“

Orden Ogan

Ich postierte mich derweil frühzeitig im großen Saal, um dem Auftritt von Orden Ogan beizuwohnen. Eigentlich hätte ich ja erwartet, dass es dort rappelvoll werden würde, doch während der Umbaupause glich der Saal einem Friedhof. Fast alle Besucher des Festivals waren im Foyer oder an der frischen Luft und so wirklich voll wurde es auch nicht, als Orden Ogan schließlich ihren Auftritt mit einigen Minütchen Verspätung – wie gewohnt – mit dem üblichen Intro einleiteten und mit To New Shores Of Sadness begannen.

Mit ihrem astreinen Power Metal sprachen die Jungs um Sänger Seeb, der neuerdings statt an der Gitarre neben dem Singen am Bass zupft, einen kleinen Teil der Festivalbesucher an. Die Mehrheit fühlte sich wohl eher im Death Metal und anderen, härteren Spielarten des Metal beheimatet.

Orden OganOrden Ogan wären nicht Ordan Ogan, wenn sie nicht trotzdem einen souveränen Gig abgeliefert hätten, aber – und das muss man als Dauergast leider auch einmal sagen – könnte ein wenig Abwechslung nicht schaden. Denn im Grunde könnte ich auch einfach einen beliebigen Bericht der letzten Konzerte (etwa vom Metal For Mercy 2011, vom Siege Of Düsseldorf III  oder dem X-Mas Metal Meeting 2011) verwenden, da die Band dort haargenau die gleichen Songs in der gleichen Reihenfolge abspulte.

Wie auch immer: Es folgte Lord Of The Flies, bei dem Orden Ogan versuchten, das spärliche Publikum aufzuheizen („Essen, da geht mehr!“), aber mit Ausnahme der ersten zwei, drei Reihen nutzten die übrigen Anwesenden den Auftritt eher zum Verschnaufen als zum Abgehen. Das übliche „Fuck You, Pussy“-Spielchen – und das war leider auch die einzige Änderung im Vergleich zu vorherigen Auftritten – wurde beim Evil Horde Metalfest erst nach dem neuen, viel versprechenden Stück This World Of Ice – und nicht wie sonst vor – dem ruhigeren Song Farewell durchgeführt.

Sänger Seeb war sich der Tatsache bewusst, dass seine Band an diesem Abend zum „musikalischen Kontrastprogramm“ zählte und dementsprechend musste das müde Publikum auch beim zweiten neuen Song Cold Dead And Gone erst etliche Male den Refrain üben, bis die Band den Song schließlich mit nur wenig Rückmeldung durch das Publikum spielte (Kommentar von Seeb dazu: „Das haben 20 Fans in Wien schon besser hinbekommen!“)

Nach dem Drumsolo wollte auch der Gassenhauer We Are Pirates nicht so recht zünden, weshalb die Band schnell noch Angels War zum Abgang runterspielte.

Canopy

Zur gleichen Zeit war im kleineren Raum bei Canopy aus Schweden deutlich mehr Stimmung. Auch das verwunderte jedoch wenig, da die Männer aus Stockholm – wie könnte es anders sein – wie schon die bisherigen Gewinner des Festivals Melodic Death Metal vom Feinsten spielten. Von nicht wenigen Besuchern hörte man indes ein wenig Kritik an der Running Order. Einige Fans hätten gerne sowohl Orden Ogan als auch Canopy gesehen, entschieden sich jedoch – verständlicherweise – letztlich für die Schweden, da diese eher seltener in unseren Breitengraden anzutreffen sind.

Mit dem über acht Minuten langen Opener Menhir vom aktuellen, gleichnamigen Longplayer stellten die Herren direkt ihr Können unter Beweis. Auch Decipher, A Storm Within A Storm und das rund zehnminütige Will stellten die Meute vollends zufrieden. Erik, einer der drei Gitarristen, war übrigens erst zufrieden, als er den gesammelten Biervorrat von Fronter Fredrik zu seinen Gunsten (?) umgestapelt hatte…

Night In Gales

Night In GalesMit Night In Gales stand die nächste Melodic Death Formation auf der großen Bühne und prompt wurde es wieder deutlich voller in der Zeche – auch das verwunderte eigentlich niemanden, schließlich waren Night In Gales bereits letztes Jahr auf dem Evil Horde aufgetreten und wie eingangs kurz erwähnt, verdankte die Meute die Gründung des Festivals maßgeblich Gitarristen Jens.

So gingen Night In Gales auch direkt in die Vollen, sahen sich jedoch genötigt den Song Five Scars vom gleichnamigen Silberling abzubrechen und zu wiederholen, da eine Monitorbox zwischenzeitlich abgerauscht war und Sänger Björn so aus dem Takt kam. Ansonsten verlief aber für die Jungs alles wie am Schnürchen.

They Swarm At Night

Ein weiterer musikalischer Exot machte währenddessen die Bühne im Lichthof unsicher: Die Essener Glam Punk Kombo They Swarm At Night. Ein Bassist stilecht in rosa Stilbruchbuchse gekleidet, ein Gitarrist mit goldener Pornoperücke auf dem Kopf und ein Sänger in zerschlissenem Oberteil machten deutlich, dass diese Band auf sämtliche Klischees scheißt.

Beim Auftritt von TSAT – so auch der Name, der im letzten Jahr veröffentlichten ersten EP – konnte man quasi live dabei sein, wie in der Kultstätte des Schwermetalls auch der Spirit of Rock’n’Roll wieder auferstand. Und das Beste daran: Die Metallerfraktion zeigte ein Herz für Rosabuchsenträger und feierte They Swarm At Night mit Songs wie Drug Driven Black Magic doch erstaunlich gut ab.

Vor Drifter dankte Sänger Jay J. Rocket Martin für das Festival und ließ ein absolut richtiges Statement verlauten, das sich im Grunde wie folgt zusammenfassen lässt: „Super Festival mit vielen guten Bands für wenig Geld – scheiß auf Mainstream!“

Nach Mojo folgte eine spontane „Weine nicht, wenn der Regen fällt“-Einlage und für die Leute, denen der Gig gefallen hatte, gab Jay noch bekannt, dass They Swarm At Night auf dem diesjährigen Pfingst Open-Air im Löwental auftreten werden.

Exumer

Mit einiger halbstündigen Verspätung und einem schier ewig dauernden Soundcheck ballerten schließlich die Co-Headliner Exumer los, dass die Zeche nur so bebte. Die Meute ging augenblicklich frenetisch ab, während die Thrash Metal Legenden altes und neues Material von Fire And Damnation, dem von der Fangemeinde sehr gut aufgenommenen ersten Album seit der Wiedervereinigung (der Band, nicht von Deutschland ;)) zum Besten gaben.

Exumer„Circle Pits!“, brüllte Schreihalts Mem von Stein und die Masse gehorchte, während zwischendurch immer mehr Crowdsurfer über die Köpfe “der Heimat des Bieres” getragen wurden.

Vor kurzem noch als Opener auf der Bühne, waren Words Of Farewell jetzt bereits der Headliner auf der kleinen Bühne. Aber so kann es gehen, wenn man bereits mit dem ersten Album einen Deal mit AFM Records einheimsen kann. In feinster Deathcore Manier prügelten sich Words Of Farewell durch ihre Setlist und sorgten als letzte Band auf der Steel meets Core Stage – passend zu ihrem Namen – für einen würdigen Abschied im Lichthof.

Vom Headliner Napalm Death aus Groß Britannien kann ich – so leid es mir tut – keine Fotos beisteuern. Es sei nur so viel gesagt: Die Grindlegenden von der Insel waren ein würdiger Headliner, haben sie mit ihrer brachialen Musik die anderen Bands in puncto Härte doch noch ein wenig übertroffen und so manchen Gehörgang eingeäschert.

Obendrein hatte ihr Auftritt auch ein wenig Symbolcharakter, schließlich haben Napalm Death den schwierigen Sprung über den kleinen Teich geschafft, sind vom Undergroundphänomen zu einer Szenegröße geworden und längst keine Unbekannten mehr – dafür sprechen unter anderem die Vielzahl an Alben und Tourneen. Und eine ähnliche Entwicklung steht sicher auch der ein oder anderen bisher noch weniger bekannten Band des Abends bevor.

Man kann den Veranstaltern deshalb nicht genug danken, solch ein Festival zum vierten Mal auf die Beine gestellt zu haben, da im Grunde jeder profitiert: Die Fans bekommen von internationalen Größen bis hin zu Newcomern alles geboten, können ihren musikalischen Horizont erweitern und unbekannte Bands bekommen die Chance, in einer würdigen, traditionsreichen Location des Ruhrgebietsstahls ihrer Leidenschaft nachzugehen und wiederum neue Fans zu gewinnen – und das alles organisiert von Metalfans für Metalfans. Was will man mehr außer einer erfolgreichen Wiederholung im nächsten Jahr?

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