Der erste Tag des Metal For Mercy Festivals 2011 am 02.12.2011 konnte bereits mit etlichen Knallern und Überraschungen aufwarten.
Die Symphonic Metal Band Arven, die sich im Opener-Contest gegen über 100 Bewerber durchgesetzt hatte, durfte das nunmehr achte Metal For Mercy Festival am Freitagabend pünktlich um 18 Uhr eröffnen.
Die fünf Musikerinnen rund um Frontfrau Carina Hanselmann und Schlagzeuger Till Felden, dem einzigen Mann im Boot, taten sich afnags etwas schwer, die – leider noch nicht sehr zahlreich – anwesenden Gäste für die noch kommenden Bands heiß zu machen. Dennoch konnten Arven mich vollends überzeugen – nicht nur optisch, sondern vor allem auch musikalisch! In meinen Augen kamen Arven live sogar noch einen Tick besser rüber als auf ihrer ersten CD Music Of Light.
Von ihrer ersten CD stammte natürlich auch ein Großteil der gespielten Lieder. Los ging es mit den abwechslungsreichen Stücken Dark Red Desire und Ruined Castle. Music Of Light, der Opener und Titeltrack des aktuellen Albums, kündigte Sängerin Carina wie folgt an: “Der nächste Song handelt von einer Zeit, in der es noch Prinzessinnen gab, die gerettet werden wollten.” Das Lied begann verspielt, nahm dann jedoch an Tempo und Härte zu – genau so muss Symphonic Power Metal klingen!
Mit Believe (einem neuen Stück?), Midwinter Nights und On Flaming Winds vergingen die 30 Minuten Spielzeit von Arven leider viel zu schnell. Die sympathischen Opener des ersten Festivaltages dürften bei Fans des Female Fronted Metal einen bleibenden Eindruck hinterlassen und sicher etliche neue Fans dazugewonnen haben.
Während im großen Saal die Bühne für die nächste Band vorbereitet wurde, begannen Not Of Assembly Line aus Wetter gerade auf der kleinen Studiobühne ihren Gig.
Nach dem ersten gespielten Song stellten die Alternative Rocker ihre “neue” Bassistin Alice vor, eine Schaufensterpuppe. Ungefährer Wortlaut von Sänger Marius dazu: ”Sie ist noch etwas steif, macht aber trotzdem eine sehr gute Figur… Und das ist Markus, unser Gitarrist. Auch steif…” Mit solchen Sprüchen konnten die Wetteraner natürlich etliche Sympathiepunkte ernten.
Im Anschluss an das nächste Lied wurden die Frage “Seid ihr etwa alle hier, um schwarze Musik zu hören?” und die gängige klischeebehaftete Aussage, dass Metaller sich durch lange stinkende Haare und Achselschweiß auszeichen, hingegen nicht von allen sonderlich gut aufgenommen. Musikalisch betrachtet gab es an Not Of Assembly Line allerdings nicht auszusetzen.
Okay Awesome sorgte als zweite Band im großen Saal schon für eine kleine Verzögerung im Zeitplan.
Nachdem die Lokalmatadore aus Witten dann schließlich mit Mercy No Love loslegten, herrschte augenblick deutlich mehr Bewegung auf der Bühne. Vor allem Max Kölsch, Frontman der Crossover / Alternative Band hüpfte agil über die Bühne und präsentierte einen Mix aus cleanem Gesang und Geschrei. Aber auch die Männer an den Instrumenten machten einen guten Job und hatten sichtlich Spaß bei der Sache.
Im Anschluss an das zweite Lied Colours weckte ein extrem lautes (ungeplantes) Pfeifen das Publikum. Vielsagender Kommentar vom Sänger dazu: “Passiert uns bei jedem Gig”.
Weiter ging es mit My Own Decision und CT at NY. Im Anschluss konnten mich besonders Music Addict & G.U.N. überzeugen. Während Okay Awesome noch einige weitere Lieder zum Besten gaben, begab ich mich wieder zur kleineren Studiobühne, wo gerade ein langes, stimmungsvolles Intro den Auftritt von Soulslide aus Dortmund einläutete.
Die bereits im Jahr 2002 gegründete Formation konnte bisher mit zwei Demos auf sich aufmerksam machen. Ein Krankheitsfall in der Band sorgte jedoch für eine längere Schaffenspause der Band. 2007 erschien dann mit Soldiers Of Reality, das erste gespielte Lied an diesem Abend, wieder ein erstes Lebenszeichen. Mit Silenia haben Soulslide in diesem Jahr außerdem eine neue, erfahrene Sängerin (u.a. Sieben Siegel, Sariola und God’s Army) gefunden, so dass die Band nun wieder voll durchstarten kann.
In der nächsten halben Stunde präsentierten Soulslide reichlich neues Material u.a. den Gitarrensong Savior, Alteration, Spellbound und Amaurotic. Lediglich bei Into Despair – von der Demo Lost In You aus dem Jahr 2004 – handelte es sich um ein älteres Stück. Abschließend sei bemerkt, dass mir die ruhigeren Passagen subjektiv gesehen etwas besser gefallen haben als die schnellen Gesangsabschnitte.
Im großen Saal machten sich wenig später Voodoma aus Düsseldorf bereit. Wie schon die vorherige Band hinkten auch Voodoma etwas im Zeitplan hinterher.
Angekündigt wurden sie von der Metal For Mercy-Crew mit den Worten: ”Manchen ist vielleicht das Intro-Video auf unserer Seite aufgefallen. Das Video ist von uns, die Musik von Voodoma!”
Ein fettes Intro machte bereits Lust auf mehr. Und als Voodoma schließlich mit Seven Lives und Rebirth begannen, war ich schlichtweg überrascht. Die Düsseldorfer boten kraftvollen Metal mit düsterer, elektronischer Untermalung, die leider, leider nur in Form von Einspielern vom Band kam. Dies tat dem Gesamteindruck jedoch keinen Abbruch.
Das nächste Stück Valkyria legte dann noch einmal an Tempo und Härte zu, während die Band um Frontman Micha fleißig performte. Nach The Devil Dances gaben Voodoma mit Underworld einen neuen Song zum Besten – übrigens die bisher erste Ballade in der Bandgeschichte.
Voodoma wurden bereits 2002 gegründet und konnten auf etlichen Demos und Alben bereits reichlich Material veröffentlichen. An diesem Abend wurden jedoch fast ausschließlich neue Lieder (etwa Nemesis, Wasted Daylight oder One Second In Life, das oben bereits angesprochene Intro-Lied) von der aktuellen Scheibe Rebirth gespielt. Lediglich Evolution Zero (von der 2010 erschienenen gleichnamigen EP) bildete hier eine Ausnahme.
Sehr lobenswert war übrigens die Tatsache, dass Voodoma ankündigten pro verkaufter CD am Merch-Stand einen Euro an das Metal For Mercy-Team zu spenden.
Silverdead aus Witten waren als nächstes an der Reihe. Nach einem Intro starteten die Gothic Metaller auf der Studiobühne mit Lost und It’s Over. Vollends überzeugen konnten mich allerdings erst die Stücke Hole In My Life und Rain.
Zwischenzeitlich wurden Silverdead von Christina Faulstich, Frontfrau von Autumn’s Leave (die ich zuletzt beim Realms Of Metal Festival im Zwischenfall gesehen habe), als Gastsängerin unterstützt. Außerdem waren augenscheinlich etliche Freunde und Verwandte zugegen. Insbesondere zwei Kleinkinder hatten besonderen Spaß an der Musik ihrer Eltern. Der Sohnemann vom Keyboarder ließ es sich nicht nehmen, die Bühne zu entern und vor den amüsierten Erwachsenen so richtig abzurocken. So geht Erziehung heute!
Mit Ausnahme von Broken Hearts, das auf der aktuellen Demo aus dem Gründungsjahr 2010 zu finden ist, wurden dem Publikum weiterhin vorwiegend neue Songs präsentiert.
Auf der Saalbühne schlugen Dyora derweil härtere Töne an.
Dyora aus Gelsenkirchen boten eine ganz eigene Mischung aus beinahe gefühlvollen Alternative Rock und aggressiverem Metal. Schon der Opener Web Of Lies machte deutlich, dass Dyora mit einem Ziel nach Witten gekommen waren: Dem Publikum eine geile Show zu bieten.
Vor allem der äußerst energiegeladene Sänger Dome, der erst im Oktober 2010 zu Dyora gestoßen ist, zog alle Register. So sprang er nicht nur wie wildgeworden über die Bühne, poste für die Fotografen und ließ sich mit Fans fotografieren, sondern kletterte auch noch gleich auf mehrere Boxen.
Auch die folgenden Titel waren äußerst abwechslungsreich gestaltet. A New Destiny z.B. begann relativ harmonisch, legte dann jedoch merklich an Tempo zu.
Auf der Studiobühne rückten im Anschluss an den Auftritt von Silverdead Everlfow auf die Position von The Flaw, die aufgrund einer Kehlkopfentzündung von Sängerin Alexandra kurzfristig absagen mussten.
Leider starteten Everflow vor einem fast leerem Saal. Dabei schöpften die Jungs noch einmal aus den Vollen und gaben reihenweise starke Tracks zum Besten – darunter z.B. Mircale I, The Curse Of Identity oder Helena.
Im Vergleich zum letzten Konzert von Everflow bei dem ich zugegegen war, erschien mir die Musik an diesem Abend wesentlich härter und kraftvoller. Auch The Escapist, Homing Vulture und das geniale Proteus bildeten hier keine Ausnahme.
Nur wenig überraschend kam die Ankündigung vor dem letzten Song, dass sich Everflow auflösen werden. Der Auftritt beim Metal For Mercy Festival sollte vorerst der letzte in der zwölfjährigen Bandgeschichte von Everflow sein. Vor einiger Zeit hatte mit Romuald das letzte Gründungsmitglied die Band verlassen. Seitdem stand die Frage der Auflösung im Raum. Das Album Fraud, an dem die Jungs seit rund zwei Jahren gearbeitet haben, soll irgendwann noch erscheinen. Nach einem Dank an die Fans ertönte zum Abschluss – wie passend – The Loss Of Identity.
Nach der traurigen Nachricht über die Auflösung von Everflow folgte ein Schock auf den nächsten – sorry, aber diese Überleitung konnte ich mir nicht verkneifen: Im großen Saal waren nun Schock an der Reihe, bei denen die Genre-Zuordnung Neue Deutsche Härte wohl am ehesten zutraf.
Mit Wach Auf vom aktuellen vierten Album der Band, das den Namen Kosmos trägt und erst im Frühjahr 2011 erschienen ist, hatten die Männer den perfekten Opener gewählt.
Sänger Michael Schock, nach dessen Nachnamen die Band benannt ist, fiel augenblicklich durch sein außergewöhnliches Stage-Acting auf. Ein wenig gestört sprang er über die Bühne und verhedderte sich nicht nur einmal mit seinem Mikro.
Stücke wie Tanz, Gottmensch, Hilf Mir und vor allem das geniale Babylon gingen runter wie Butter. Neben Voodoma war Schock die Überraschung des Abends. Obwohl die Band nur aus vier Personen bestand (auch hier kamen wieder viele Einspieler vom Band), war sie laut wie zehn.
Nach eigener Aussage hatte die Band schon drei Jahre lang probiert auf dem Metal For Mercy Festival spielen zu dürfen und nun freute sie sich, endlich hier zu sein. Sänger Michael gab sich auch Mühe, die Spendentrommel anzukurbeln: “Schmeißt möglichst viele nicht getrunkene Biere in den Stiefel!”
Passend zur fulminanten Zugabe Ware Fleisch entblößte Michael schließlich seinen Oberkörper, ehe der Auftritt zu den Klängen von Wenn die Sonne erlischt endete.
Nach dem Auftritt von Everflow betrat mit Cryptic Lane aus Castrop-Rauxel eine noch recht junge Band die Stuidobühne.
Schon zu Beginn des Konzerts war der kleine Saal recht gut besucht. Die Playlist entsprach so ziemlich genau derjenigen wie beim Support für Axxis in Lünen: Awake, Flight 957, Breakin’ Out und The Light Deep Inside bildeten den Auftakt.
Persönlicher Höhepunkt war – wie schon in Lünen – Never Enough. Zur Beruhigung der Gemüter folgte mit Someone Who Wasn’t Me ein ruhigerer Song, ehe es mit Kill The Oppression wieder ordentlich was auf die Mütze gab.
Schon vor dem Auftritt von End Of Green, dem Headliner des Freitagabends, herrschte vor der Bühne eine super Stimmung. Das Publikum interagierte mit dem Mann vom Soundcheck, während sich der Saal kontinuierlich füllte.
Mit Dead City Lights eröffneten End Of Green schließlich ihren vielversprechenden Auftritt. Die Bandmitglieder waren von Anfang an auf Zack und lieferen eine super Performance ab. Vor allem Gitarrist Sad Sir headbangte ausgelassen mit seinen imposanten Dreadlocks – “Dreadbanging” vom Feinsten quasi.
Nicht nur die Performance stimmte, auch der Sound war – wie auch bei den übrigens Bands – beinahe durchweg gut. End Of Green spielten etliche gute Songs, darunter eine ganze Menge vom starken Album The Sick’s Senseaus dem Jahr 2008 (u.a. Killhoney, Hurter, Die lover Die, Sunday Morning und Pain Hates Me sowie Bury Me Down als Zugaben.
Dazwischen wurden auch vereinzelnd Lieder von den Scheiben High Hopes In Low Places, Dead End Dreaming und Last Night on Earth gespielt. Mit Goodnight fand der Auftritt von End Of Green ein passendes Ende.
Während End Of Green vor reichlich Publikum spielten, konnten einem die Herren von Batten Down The Hatches, die das durch den Ausfall von The Flaw nach vorne verschobene Billing wieder komplettierten, wirklich Leid tun: Gerade mal eine Hand voll Besucher wohnte dem Konzert der Band bei.
Dabei machte sie durchaus einen guten Job. Immerhin zwei Fans ließen es sich nicht nehmen und unterstützten die bluesorientierte Hardrock-Band von der ersten Reihe aus, während der Großteil oben im großen Saal den Abend mit dem Auftritt von End Of Green ausklingen ließ…