Bereits um 13 Uhr öffneten sich die Tore zum Festivalgelände, ehe schließlich Breed Of Bacchus um 13:40 Uhr das Festival auch musikalisch mit einer brachialen Mischung aus Death und Grind einleiteten.
Den Heimvorteil, den die Castroper Band um Schreihals Castor hatte, konnte sie nicht für sich nutzen, da nur wenige Besucher, die zu früher Stund schon auf der Matte respektive am Bier- bzw. Würstchenstand standen, mit der aggressiven Musik warm wurden. Highlight war sicherlich der Song Psycho Kindergarten Vortex, bei dem alle auf die Bühne kommen durften, die den Song kannten.
Conceptor
Conceptor aus Oberhausen legten im Anschluss um 14:40 Uhr mit Weekend Wolf und Loser los. Musikalisch konnte man die Band am ehesten dem Thrash Metal zuordnen, wenngleich auch hier und da einige wenige Einflüsse andere Stilrichtungen heraus zu hören waren.
Den nächsten Song Expect Us richtete die Band an die lokale Gema-Bezirksstelle in Dortmund. Bei diesem griff Sänger Hoschi auch kurzerhand zu einem Megaphon, um für ein wenig mehr Stimmung zu sorgen. All zu viel Partylaune kam vor der Bühne allerdings noch nicht auf. Dies lag sicherlich zum einen an der schieren Größe des Areals, wodurch es sich viele Besucher auf einer Anhöhe im hinteren Bereich statt vor der Bühne bequem machten. Zum anderen hätte dem Auftritt ein wenig mehr Pepp nicht geschadet. So wirkte die linke Bühnenhälfte während des gesamten Gigs etwas zu statisch. Allesamt aber Dinge, die man mit zunehmender Bühnenerfahrung beseitigen kann – man darf schließlich nicht vergessen, dass die Band erst vor kurzem ihre erste selbstproduzierte 3-Track-Demo mit dem Titel Deconception veröffentlicht hat.
Nach Reconcepted, das übrigens mit einem schicken Refrain (“Raise Your Fist In The Name Of The Cause”, wenn ich mich nicht verhört habe) punkten konnte, warnte Gitarrist Mic vor der alltäglichen Manipulation der Medien und forderte Schluss mit dem Alltagsfaschismus zu machen und sich zum Widerstand zu bekennen. Ein Statement, das man man nicht oft genug tätigen kann.
Im Anschluss an Four Fingers verkündete Hoschi schließlich, dass die Band nun die Gitarren wechseln müsse, da jetzt “lieblichere Klänge” auf dem Programm standen. Bei den vorherigen Songs habe es sich nämlich um böse Stücke gehandelt, weshalb sie auch mit “bösen Gitarren” gespielt worden waren. Demnach musste der kommende gute Song auch mit “guten Gitarren” gespielt werden. Ein Fan steuerte den passenden Kommentar dazu bei: “Kommen die einen aus Süd-, die anderen aus Nordkorea?”
Es folgte eine Ansage auf Englisch, in der Hoschi erklärte, dass Conceptor als Ersatz für die Briten von Dethonator, die aufgrund eines Krankheitsfalls ihres Sängers den Auftritt beim diesjährigen Steel Meets Steel Festival absagen mussten, eingesprungen waren. Fight On, das bisher stärkste präsentierte Stück, dessen Refrain zum Fäuste in die Luft recken einlud, spielte die Band daher auch für Dethonator. Mit Decisions beendeten Conceptor daraufhin ihren soliden Auftritt.
Distance Call
Nach den zwei härteren Auftritten wurde es mit dem Melodic Hard Rock von Distance Call schließlich wieder ein wenig gemütlicher. Nichtsdestoweniger versprühten die Männer an den Instrumenten sowie Frontfrau Korry mit Songs wie etwa dem mitreißenden Opener Bricks, der das Zeug zum Klassiker hat, natürlich trotzdem ordentlich Power und legten einiges an Spielfreude an den Tag, was auch die Zuschauer zu honorieren wussten.
Bevor mit Paradise das nächste gute Stück folgte, erzählte Korry beiläufig, dass die Band ihr Banner vergessen habe, weshalb sie den Namen der Band im Laufe des Auftritts einfach immer wieder nennen würde. Generell war Korry ziemlich in Plauerlaune. So berichtete sie etwa auch, dass sie auf dem Festival ganz viele Musiker, mit denen sie mal in anderen Bands gespielt hat, getroffen habe und dass sie in der Gegend aufgewachsen sei.
Vor Set Me On Fire, einem weiteren äußerst gelungenen Stück, wurde mit den Fans eine kleine Gesangsprobe gemacht, so dass die Fans in den ersten Reihen vor der Bühne langsam auftauten und sich nun auch gesanglich bemerkbar machten.
Nachdem die Besucher nun aufgewärmt waren, bot das etwas langsamere Wings Of Love zunächst eine kleine Verschnaufpause. Eigentlich bedurfte es keiner Erklärung, dass es sich hierbei um einen Song für alle Verliebten handle. Als jedoch ein Raunen durch das Publikum ging, fügte Korry schnell hinzu: “Auch für alle, die mal verliebt waren.”
Im Anschluss gab es wieder einen Song zum Abrocken. Wie schon beim Auftritt beim Mercenaries Metal Meeting 2012 in Datteln leitete Korry das nachdenkliche Stücke Prisoner Of The Past mit einigen Gedanken an die gute alte Zeit mit nächtelangen Lagerfeuern und ausgedehnten Motorradtouren ein. Danach offenbarte sie, dass sie ein bisschen abergläubisch sei und daher auch den Text für den folgenden Song Mirror, Mirror geschrieben habe.
Mit Ray Of Light folgte noch ein richtiger Kracher zum Schluss, bei dem einige Fans fleißig headbangten, obgleich viele Besucher immer noch einen gewissen “Sicherheitsabstand” zur Bühne einhielten. Sängerin Korry verließ an dieser Stelle selbst die Bühne, um sich zum Headbangen zu einem Fan zu gesellen. Dadurch verpasste sie ihren Einsatz, weshalb sie nach dem Song in gewohnt gut gelaunter Manier kommentierte: “Ich dachte, die wollten mich nicht mehr auf die Bühne lassen ohne Ausweis…”
Die Band hatte einen guten Eindruck hinterlassen, so dass sogar noch eine Zugabe in Form des Dio-Klassikers Holy Diver gespielt werden durfte.
Mercury Tide
Auf den Auftritt der nächsten Band waren viele Besucher gespannt. Ex-Angel Dust-Fronter Dirk Thurish gründete nach seinem Ausstieg 2002 die Band Mercury Tide, die ein Jahr später das gelungene Album Why? veröffentlichte. Dann wurde es jedoch wieder schnell sehr still um die neue Formation. Neun lange Jahre zogen ins Land, doch jetzt ist Thurisch mit überholter Besetzung und einem zweiten noch stärkeren Album im Gepäck wieder zurück. Killing Saw heißt das gute Stück, von dem auch einige klasse Nummern präsentiert wurden.
Los ging es mit rund zehn Minuten Verspätung jedoch nach einem Intro zunächst mit dem Klassiker Why? und Back To Reality, beide vom eben bereits erwähnten ersten Album der Band. Bevor endlich etliche neue Stücke gespielt wurden, ertönte zunächst mit Lost And Torn ein weiterer älterer Song, der aufgrund seiner Schnelligkeit zum Headbangen animierte, aus den Boxen.
Endlich war der Zeitpunkt der neuen Songs gekommen. Den Anfang machte der Titeltrack Killing Saw, der mit ein wenig Keyboardgeklipmer recht langsam begann, dann jedoch an Fahrt aufnahm und mit einem genialen Refrain im Ohr hängen blieb. Die Keyboardpassagen erinnerten mich in Auszügen ein wenig an das Rasputin-Cover von Turisas und animierten mindestens ebenso gut zum Tanzen.
Home und Out Of The Darkness fungierten als weitere Kaufanreize für das neue Album, überzeugten sie doch auf ganzer Linie und sorgten zurecht für ordentlich Stimmung bei den Fans. Nach Another One reihten sich die abwechslungsreichen neuen Stücke World Of Pain und Lord Of Memories nahtlos in die Reihe der guten Songs ein.
Daraufhin ergriff Keyboarder Sim Reaper das Wort und fragte: “Wisst ihr überhaupt, wer der Sänger ist? Bekannt aus diversen Schmuddelfilmen…” Dem Jubel nach zu Urteilen wusste es zumindest in den ersten Reihen so ziemlich jeder. Wo Dirk Thurisch, der übrigens als Vorzeigeschild der Band nicht nur gesanglich eine gute Figur machte, sondern auch prima mit Fans und Fotografen interagierte, schon von einem seiner Bandkollegen hervorgehoben wurde, nutzte er sogleich die Chance, um die übrigen Bandmitglieder sowie den neuen zweiten Gitarristen (sein selbstironischer Kommentar im ungefähren Wortlaut dazu: “Ich wollte einen zweiten Gitarristen in der Band, weil ich alleine zu blöd bin, Gitarre zu spielen.”) vorzustellen.
Mit Satan Sister und dem genialen Track Searching, bei dem die Fans noch einmal mitsingen sollten, näherte sich der Auftritt von Mercury Tide auch leider schon wieder dem Ende entgegen. Fans der alten Stunde bzw. ehemaligen Band wurden mit dem Angel Dust-Cover Bleed abschließend mehr als zufrieden gestellt.
Wer den Auftritt der Essener verpasst hat, der hat übrigens die Gelegenheit Mercury Tide am 28.08. zusammen mit vielen weiteren hochkarätigen Bands wie Rage oder Helstar auf der Turock Stage im Rahmen vom Stadtfest Essen Original zu sehen.
The Claymore
Gegen 18 Uhr begann schließlich ein in dieser Form vermutlich einmaliges Heimspiel der Power Metaller von The Claymore aus Castrop-Rauxel. Sänger Andy Grundmann hat die Band vor einiger Zeit aus privaten Grünen verlassen, weshalb die Castroper Jungs einen “speziellen Auftritt voller Überraschungen” versprachen – und sie sollten Wort halten!
Zu den Klängen der Fluch der Karibik-Titelmusik betraten die Musiker die Bühne, ehe Mike Krush von Chronos IV dazu stieß, um bei Oceans, dem ersten gespielten Song vom aktuellen Album Damnation Reigns, als Gastsänger mitzuwirken. Nach dem Opener verließ er schnell die Bühne, um von Marosh Schmidt – seines Zeichen Sänger von Layment – abgelöst zu werden. Dieser verlieh dem hauseigenen Knaller Slaine The Almighty sowie dem Metallica-Cover One seine eigene Note.
Während die ersten beiden Gastsänger die Claymore-Songs noch in relativ gewohntem Gewand vorgetragen hatten, änderte sich dies mit dem nächsten Gastsänger gewaltig. Statt cleanem Gesang gab es bei Silent Scorn nun von Julian “Dugi” Hollesch, dem Frontmann von Agamendon, die volle Breitseite aggressiven Shoutings – gleichzeitig ein kleiner Vorgeschmack auf den anschließenden Auftritt seiner Band.
Dirk von Mercury Tide wurde daraufhin die Ehre zuteil, den Angel Dust-Klassiker Nightmare zu covern sowie Behind Enemy Lines vorzutragen. Hier wurde allerdings nicht hinter feindlichen Linien agiert, sondern die Auftritte der Gastsänger machten deutlich, was weite Teile der Metal-Szene im Ruhrpott vereint – Leidenschaft, Freundschaft und Hilfsbereitschaft. Gut aufgelegt und spielfreudig wie eh und je, aber so vielseitig wie noch nie zuvor, brachten The Claymore die Meute, die sich endlich auch bis an den Bühnenrand heran traute, spielend zum Kochen.
Für das nächste Cover eines absoluten Klassikers hatten The Claymore den zur Zeit in Köln lebenden niederländischen Musicalsänger Micha van de Weg, der obendrein als möglicher Nachfolger für den vakanten Gesangsposten gehandelt wird, verpflichten können. Die Aussage vom von den Fans gefeierten Cover The Show Must Go On von Queen passte in der Situation von The Claymore wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge. Die Castroper hätten den Gig canceln können, doch was sie stattdessen auf die Beine gestellt haben, war aller Ehren wert und eine Bereicherung für das Steel Meets Steel Festival. Zum Ausklang sang Michael noch beim temporeichen Soulseeker mit und stellte so seine Eignung für einen eventuellen Einstand bei The Claymore unter Beweis.
Agamendon
Agamendon, ebenfalls aus Castrop-Rauxel, läuteten schließlich am frühen Abend einen weiteren Stilwechsel ein. Beim Gastauftritt für Claymore hatte Shouter Dugi schon dafür gesorgt, dass manch ruhigerem Gemüt angesichts seiner Shouts und Growls schwindelig geworden war, bei den eigenen Songs reizte er seine Stimmbänder allerdings noch deutlich mehr aus.
Zum Soundtrack eines bekannten Mafia-Films (dessen Name mir partout nicht einfallen will) und zum Coverdesign sowie lyrischen Inhalt der aktuellen Scheibe Charleston City aus dem Jahr 2011 passend, hatten sich die Bandmitglieder in sizilianischer Manier in Schale geworfen. Nach dem Opener New Economy wurden jedoch bereits die Hüte von den Häuptern geworfen und auch von so manchem edlen Zwirn wurde sich im Laufe des Auftritts entledigt.
Vor der Bühne hatten sich die Reihen derweil etwas gewandelt. Etliche Fans von klassischem Heavy oder Power Metal verzogen sich ans hintere Ende des Geländes, dafür waren aber auch etliche Besucher scheinbar extra für Agamendon hergepilgert. In der ersten Reihe bildete sich auch gleich eine kleine Headbangerfront.
Insgesamt lieferten Agamendon einen kleinen Rundumschlag ihrer drei bisherigen Alben The Toxic Way Of Life, Nuclear Rodeo und Charleston City. Toxic Zombie kündigte Dugi mit den Worten “Früher oder später kommen sie, die Klassiker” an. The Picture, ebenfalls ein Klassiker, wurde von Dugi schließlich als “Song zum Schmusen” vorgestellt.
“Den nächsten Song (ein Sepultura-Cover) darf jeder selbst erraten”, meinte Dugi im Anschluss und “wer auf Gangsterscheiß steht” wurde mit Charleston City, dem Titeltrack des aktuellen Silberlings, bedient.
Nach Army Of Ozzmoroth, Outbreak und Erasing Flesh Forever forderten die Jungs von Agamendon, die zusammen mit The Claymore-Schlagzeuger Hardy Kölzer zu den Hauptverantwortlichen der Steel Meets Steel Festivals gehören, die Besucher noch einmal dazu auf, viel zu trinken, damit das Festival auch in Zukunft durchgeführt werden kann. Die anschließende Aussage “Ich hoffe, Ihr seid auch nächstes Jahr wieder dabei” bejahten die Besucher durch laute “Steel meets Steel-”Rufe.
Mit Fallout folgte ohne viel drumherum noch eine Zugabe – zwecks fortgeschrittener Zeit wurde allerdings auf The Last Way als zweite Zugabe verzichtet.
Moribund Oblivion
Der Headliner des diesjährigen Steel Meets Steel Festivals stammte aus der Türkei und obwohl es sich bei Moribund Oblivion um eine Black Metal Band handelte, blieben erstaunlich viele Anhänger auch anderer Genres vor Ort. Eigentlich aber auch nicht wirklich verwunderlich, schließlich sieht man türkische Metalbands ja auch nicht alle Tage in unseren Gefilden. Einige Power Metal Fans machten sich dennoch noch nach Datteln zu einem “geheimen” Auftritt von Stormrider auf.
Da die Umbauarbeiten und der Soundcheck etwas länger als geplant dauerten, kam Hoschi von Conecptor für eine Ansage auf die Bühne und machte u.a. seinen Standpunkt gegen Bands mit rechten Tendenzen deutlich und betonte, dass hier im “Melting Pot” verschiedenste Kulturen und Musikstile friedlich nebeneinander existieren. Dies zeigte sich dann auch an einigen türkischstämmigen Metalheads – ein gutes Beispiel, dass Musik und insbesondere auch Metal die Menschen verbindet.
Genug Vorgeplänkel, los ging es mit den englischen Stücken The Spawning Of The Avenger, Machine Brain und God Send. Während draußen langsam aber sicher die Sonne unterging und einige wenige Scheinwerfer erstmals die Waldbühne in atmosphärisches Licht tauchten, feuerte die Truppe aus Istanbul einen Song nach dem nächsten runter.
Auf Ansagen wurde so gut wie komplett verzichtet. Diese waren aber auch gar nicht nötig, denn die Besucher verstanden es auch ohne Aufforderung zu türkischsprachigen Liedern wie Gecip Gittin, Özgünüm oder Kayboldum die Matten kreisen zu lassen.
Eine scheinbar außerplanmäßige Zugabe sowie Autogrammstunde rundeten den tollen Festivaltag ab und alle Beteiligten freuen sich sicher schon jetzt auf die zwölfte Ausgabe des Steel Meets Steel Festivals im August 2013.